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E-Mails checken, während du in der Videokonferenz sitzt. Den Projektplan aktualisieren und dabei noch schnell eine Nachricht beantworten. Parallel an mehrere Aufgaben denken, weil alles wichtig scheint. Kommt dir das bekannt vor?
Multitasking gilt in unserer Arbeitswelt oft als Zeichen von Leistungsfähigkeit. Wer viel gleichzeitig schafft, scheint besonders organisiert, belastbar, professionell zu sein. In Wirklichkeit ist es aber oft genau das Gegenteil: Multitasking macht unkonzentriert, fehleranfällig – und langfristig sogar krank.
Denn: Unser Gehirn ist nicht dafür gebaut, mehrere anspruchsvolle Aufgaben gleichzeitig zu verarbeiten. Was wir als Multitasking empfinden, ist in Wahrheit schnelles Hin- und Herspringen der Aufmerksamkeit – sogenanntes Task-Switching. Und das kostet: Jeder Wechsel zwischen Aufgaben verlangsamt unsere Arbeit, senkt die Qualität und erhöht den mentalen Aufwand. Selbst ein kurzer Blick aufs Handy kann den Fokus für mehrere Minuten stören.
Besonders heimtückisch: Multitasking fühlt sich oft produktiv an. Man hat das Gefühl, viel gleichzeitig zu schaffen – dabei entsteht eher ein Gefühl von innerer Hektik, aber kein echter Fortschritt. Die Konzentration bleibt an der Oberfläche, das Ergebnis ist selten so durchdacht wie bei echtem Fokus.
Langfristig kann diese ständige Reizüberflutung zu mentaler Erschöpfung führen. Das sogenannte „Attention Residue“ – also mentale Reste der vorherigen Aufgabe – begleiten uns oft in die nächste Aufgabe hinein und blockieren unsere volle Denkkapazität. Der Arbeitstag wird dadurch nicht nur ineffizienter, sondern auch deutlich anstrengender.
Was kannst du also tun, um dich vom Multitasking-Druck zu befreien?
1. Arbeite mit klaren Zeitfenstern. Plane feste Fokuszeiten ein, in denen du an einer Aufgabe arbeitest – ohne Mails, ohne Chat, ohne Ablenkung. Schon 30 Minuten echter Konzentration bringen oft mehr als zwei Stunden zerhackter Arbeit.
2. Schaffe dir Reizschutz. Klingt simpel, ist aber wirkungsvoll: Handy lautlos, E-Mail-Benachrichtigungen aus, nur die Programme offen, die du brauchst. Du wirst merken, wie viel ruhiger dein Arbeitsfluss wird.
3. Priorisiere bewusst. Nicht alles ist gleich wichtig – auch wenn es sich oft so anfühlt. Frag dich regelmäßig: “Was ist meine wichtigste Aufgabe heute?” und “Was kann warten?”
4. Kommuniziere deinen Fokus. Sag Kolleg*innen klar, wenn du konzentriert arbeitest: „Ich bin gerade fokussiert an XY dran, danach melde ich mich.“ Das schafft Verständnis – und oft sogar Respekt.
5. Gönn dir Erholungspausen. Der Mensch kann nicht acht Stunden am Stück hochfokussiert sein. Kleine Pausen helfen dem Gehirn, sich zu regenerieren und später wieder voll da zu sein.
6. Werde ehrlich mit dir selbst. Prüfe deinen Tag: Wo warst du wirklich produktiv? Und wo hast du nur „gewirbelt“? Oft erkennen wir erst rückblickend, wie sehr uns Multitasking im Kreis drehen lässt.
Die Fähigkeit, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, ist keine Superkraft – sondern ein Missverständnis. Die wahre Stärke liegt darin, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nicht alles gleichzeitig machen – sondern die wichtigen Dinge nacheinander, in Ruhe und mit Präsenz.
Das entlastet nicht nur dein Gehirn, sondern verbessert auch deine Ergebnisse, dein Zeitgefühl – und am Ende dein Wohlbefinden.
Quellen:
Rubinstein, J. S., Meyer, D. E., & Evans, J. E. (2001). Executive Control of Cognitive Processes in Task Switching.
Nass, C., Ophir, E., & Wagner, C. (2009). Cognitive Control in Media Multitaskers.
Levitin, D. J. (2014). The Organized Mind.